Membranoproliferative GN (MPGN, früher mesangio-kapilläre GN)
Es handelt sich um eine diffuse Erkrankung, eine "intramembranöse" GN mit histologisch Verdickungen der glomerulären Basalmembranen, Doppelkonturierungen, sogenannten tram-tracks ("Eisenbahnschienen") durch die Interposition mesangialen Zytoplasmas und Immunkomplexen zwischen Basalmembran und Endothelzellen. Wie die membranöse GN oder die Poststreptokokken-GN handelt es sich um eine Immunkomplex-Erkrankung. Die Immunkomplexe liegen unter anderem subendothelial, führen also klassischerweise zu einer Komplementaktivierung/-verbrauch (MPGN Typ I und III). Bei der Dense-deposit Disease handelt es sich um eine eigenständige Krankheitsentität (früher als MPGN Typ II bezeichnet).
Ätiologie
in den meisten Fällen besteht eine sekundäre Genese, die MPGN ist die häufigste GN-Form in Entwicklungsländern, assoziiert mit chronischen Infektionskrankheiten
Virushepatitis C, aber auch mit Hepatitis B und HIV assoziiert
bakterielle Erkrankungen wie Endokarditis, chronisches Q-Fieber (Coxiella burnetii), Lues, andere chronische bakterielle Infektionen, Shunt-Nephritis
parasitäre Erkrankungen wie Echinokokkus-Infektion, Schistosomiasis
Systemerkrankungen wie Lupus erythematodes oder Rheumatoide Arthritis
paraneoplastische Genese bei B-Zell-Lymphomen, CLL
bei Nachweis von Hepatitis C sollte eine Kryoglobulinämie ausgeschlossen werden
Therapie
bei sekundärer Genese Behandlung der Grunderkrankung wie der Infektionskrankheit oder etwa Immunsuppression bei SLE
Immunsuppression:
Steroide: Prednisolon 1 mg/kg KG für 4-8 Wochen, dann tapern bis zu einer Erhaltungsdosis von 5 mg/d, bei Ansprechen Therapie über 1-2 Jahre
MMF 2x500 mg bis 2x1000 mg/d falls kein Ansprechen auf Steroide oder zur Steroid-Einsparung
bei 4 positiven ACR-Kriterien (American College of Rheumatology) an eine diffus-proliferative Lupusnephritis denken und ggf. entsprechend behandeln
Patienten-Beispiele
41jährige Patientin mit MPGN Typ I ohne Nachweis einer sekundären Genese
Vollremission unter Steroiden mono im Sinne eines steroidsensitiven Verlaufs, so dass keine Therapie mit MMF nötig war
unter Therapie Rückgang der Proteinurie von 6 g/Tag auf 0,6 g/Tag innerhalb von 6 Monaten,
Kreatinin stabil geblieben bei 0,9 mg/dl (Kreatinin-Clearance knapp 70 ml/min)
bei persistierend Mikrohämaturie mit Akanthozyten Fortführung der Steroid-Therapie über 1-2 Jahre, begleitend ASS/Dipyridamol und Candesartan
50jähriger Patient, der in Portugal auf dem Lande lebt, Zustand nach Aortenklappenersatz bei abgelaufener infektiöser Endokarditis ohne Erregernachweis, einige Wochen später Vorstellung in der nephrologischen Sprechstunde zur Abklärung einer Proteinurie mit aktivem Sediment. Diagnose einer membranoproliferativen GN. Bei Nachweis einer positiven Coxiella burnetii-Serologie Nachbefundung der explantierten Herzklappe - es findet sich eine positive PCR für Coxiella burnetii im Sinne eines chronischen Q-Fieberverlaufs mit Endokarditis und sekundärer MPGN!